Let's work together!

Kategorie
Diskurs

Let's work together!

Austausch war ein großes Anliegen der diesjährigen Tanzplattform. An drei Vormittagen trafen sich Künstler*innen, Kurator*innen und Kulturschaffende im Sanaa-Gebäude und debattierten über aktuelle Entwicklungen in Gesellschaft und Wissenschaft, in der Tanz- und Kulturszene. Eine Referentin hat Bloggerin Yana Lebedeva besonders beeindruckt: Nayse López aus Rio de Janeiro. Sie rief enthusiastisch zur internationalen Zusammenarbeit auf, um die globalen Herausforderungen zu überstehen.

 

Von Yana Lebedeva

Wie kann die freie Tanz- und Kulturszene im 21. Jahrhundert überleben? In welchem Verhältnis stehen Künstler zum Staat? Wie sieht die Situation in einem einzelnen Land aus? Warum ist es wichtig, über die nationalen Grenzen zu gehen und international zusammenzuarbeiten? Was lernen wir voneinander? Und welche Möglichkeiten gibt es für die Entwicklung verschiedener Formate wie Plattformen, Festivals, Initiativen, Projekte und Netzwerke?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich die dritte Assembly „Internationale Perspektiven“ am letzten Tag des Austausch-Formats im Rahmenprogramm der Tanzplattform, moderiert von Elisabeth Nehring. Noch einmal öffnete die Tanzplattform ihre Kommunikationsräume, noch einmal bot sie die Möglichkeit, nicht nur die Vorträge während einer Paneldiskussion anzuhören und dazu Fragen zu stellen, sondern in kleinen Gruppen mit einer bestimmten Referentin oder einem Referenten weiterzuarbeiten und über ein bestimmtes Thema zu diskutieren. Im Fokus: die persönliche Beteiligung und der Austausch.

Der Staat und die Künstler

Die Stühle im architekturästhetischen Raum des Sanaa-Gebäudes sind alle besetzt. Sechs internationale Referentinnen – darunter GründerInnen, MitarbeiterInnen und GeschäftsführerInnen und  FestivaldirektorInnen internationaler Kulturinitiativen, die sich mit Präsentation und Entwicklung des Tanzes und der Choreografie sowohl lokal als auch global beschäftigen, diskutieren angeregt. Sechs „Locals“ aus Brasilien, Polen, Nigeria, Philippinen, Taiwan und Deutschland. Sechs Persönlichkeiten, die nach internationalem Austausch suchen. Sie alle berichten nicht nur als VertreterIn einer bestimmten Initiative, sie teilen ihre eigenen persönlichen Erfahrungen. Eben das gibt der Diskussion sowohl optimistische, als auch pessimistische und kritische Ansätze an den Zustand nicht nur an der Kultur- und Tanzszene, sondern an den Zustand der globalen Gesellschaft im Allgemeinen. So berichtet etwa Qudus Onikeku, der Gründer des „QDance Center“ in Lagos, über seine Lebenserfahrung in Frankreich, besonders über die Beziehungen zwischen KünstlerInnen und Staat dort. Es habe ihn sehr beeinflusst, dass er in Frankreich schon in der Schule gelernt habe, wie man sich um eine staatliche Finanzierung bewirbt: „If I’m taught to apply for a governmental support, how can I work against the government?” Danach hat Qudus Onikeku Frankreich verlassen und ist nach Nigeria zurückgekehrt.

Eine der ReferentInnen sticht heraus: Nayse López, Direktorin des Panorama Festivals aus Rio de Janeiro. Schon ihr signalroter Schal ist wie ein Weckruf. López erzählt über die katastrophale Lage in ihrem Heimatland, über die Situation in den Vereinigten Staaten, ruft enthusiastisch zur Zusammenarbeit auf. Vor allem aber spricht sie von der Zerbrechlichkeit der Demokratie, von einer menschlich-künstlerischen Verantwortung und von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit, um die globalen Herausforderungen zu überstehen. Riesiger Applaus. Nayse López scheint einen Nerv getroffen zu haben, sie zieht alle Aufmerksamkeit der BesucherInnen auf sich, viele scharen sich im Anschluss an ihren Impulsvortrag um sie, wollen weiter diskutieren.

Eins ist dabei deutlich geworden: Im Kontext der gegenwärtigen gesellschaftlichen, kulturpolitischen Transformationen und Herausforderungen, ist es dringend notwendig, auf internationaler Ebene zu arbeiten und zu kooperieren. Es gibt einen großen Bedarf an Austausch-Formaten wie der Assembly, das beweist die hier entstandene Energie. Und es stellt sich immer noch die Frage, ob ein Zusammen als Credo, als Überlebessstrategie für die Tanzszenen dienen kann, um neue kreative Landschaften in einem globalen Kontext zu schaffen. Let’s work together?!